Gewitter
Der Schauer eines Gewitters
ist weniger der Regen, der fällt
sondern das Erzittern der Welt,
wie das Zittern eines Ritters
vor einer herannahenden Schlacht,
wenn sie wartend, gespannt wacht,
dass der erste Donner grollt,
vom Himmelszüngeln erbost,
dass der Wind lechzend tost.
Die Welt hält inne, es ist so gewollt.
Erwartung, kannst dich nicht entziehen,
vor ihr flüchten, vor ihr fliehen,
so bleibt auch in dir das Zittern der Welt,
halt es gut fest, es ist, was dich hält.
Tragik meinst du? Dann erlöse ich dich.
Nur falle nicht, fall' nicht zu tief,
bewahre dir, was aus dir rief.
Denn flackerlodernd, blitzzischend,
ist nicht nur das Gewitter selbst erfrischend.
1.5.14
vicevirtue am 01. Mai 14
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Landstreicherin
Sie streicht vorbei, streichelt meinen Hals
streicht durch die Wälder wie Wind,
streicht wie der Bogen die Geige, als
sie gebar ein grässliches Bastardkind.
Es lag so da, ausgespuckt von ihr,
wand sich auf dem Boden, lachte, weinte,
es lernte sprechen, flüsterte von dir,
störte meinen Kopf und in ihm etwas keimte.
Es keimte der Wunsch, Kindesmord,
Ihre kleine Tochter stach in meinen Blick,
dornte mein Auge, es musste fort!
Ich nahm das Messer, es gab kein Zurück.
Als ich durchschnitt die Kehle des Kleinen,
löste sich auf zwar dies' quälende Flüstern,
doch in mir begann es, still zu weinen.
Und kalt begann mein Blick die Szene zu mustern.
1.5.14
vicevirtue am 01. Mai 14
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Von wahren Begebenheiten
Wie dumm ich war,
es liegt doch wahr-
lich dieser Stift, den ich suchte
direkt vor meinen Augen.
Kann man so blind sein?
Sicht und Erinnerung, klein?
Direkt vor meinen Augen,
ich kann es kaum glauben.
Vielleicht auch der Rest?
Ich pflücke mich in das Nest
der Lösung aller Losen
der Loslösung, der bloßen.
Die Antwort steht vor mir,
bewegungslos, macht sich schier
lustig über mich,
während ich
immer wieder um sie herum
spaziere. Aber ich sah mich um.
Zufall, es fiel mir zu und auf.
Plötzlich nimmt alles seinen Lauf.
28.4.14
vicevirtue am 28. April 14
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Hypnobasia
Wie weit auch die Zeit reicht,
es reicht niemals aus,
um dich zu ertränken
in Fluten des Graus.
Wie lang' es auch dauert,
überdauern wirst du,
wenn Leben zu Staub wird,
in letzter Ruh'.
Es ziehen Momente
an Jahren vorbei,
wie weit es auch sein mag,
wie oft es auch sei,
glänzt weiß die Nacht aus
führst Gedanken hinaus.
Wie schnell Zeit auch rinnt,
wenn ich auch gehe, bist du da,
wie lang' ich zum Unmöglichen gesinnt,
wirst du scheinen, weit von nah.
14.4.14
welch ein schönes Datum für ein entzeitetes Gedicht...
vicevirtue am 14. April 14
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Leid_ende
Es weckte ihn ein gleichmäßiger Ton,
rhythmisch, schwer und monoton.
In seinem Kopf schlämmten sich Bilder auf,
und dieses Geräusch von tausenden Soldaten Lauf.
Sein Kopf war kahlgeschoren, blank,
oder aber chemotherapiert. Er trank
und schmiss die letzte Schlaftablette ein.
Dann öffnete er ein Fenster und ließ Großstadtsmog herein.
Seine Lider wurden schwer,
sein Blick war leer,
wie der Fernseher, der endlos im Testbild
verharrte und die Dumpfheit in ihm stillt.
Er kippte, nicht nur er. Sein ganzes Leben.
Denn auf dem Nachttisch verwechselte er eben
sein täglich Nachtmahl mit einem Samen
von damaligen Pflanzen, die vor den Menschen kamen.
In ihm sproß sodann, genährt von der faulen,
völlereigekränkten, verstümmelten,
verkrüppelten, verstummten
Seele eine Pflanze,
durchbrach seinen zusammengedrückten Brustkorb,
sprengte mit seinen Wurzeln das Gesicht,
erkennen konnte man es danach nicht
mehr. Die Natur ein Räuber seines Leides war,
die schon bald eine schillernde Blüte gebar.
9.4.14
vicevirtue am 09. April 14
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Die Eisvogelbucht
Ein Wanderer, von weit kam er her,
war gereist über Berg und auch Meer,
suchte nach Schutz, einer Unterkunft,
konnte nicht weiter, sprach ihm die Vernunft.
Der Wanderer, er brauchte Ruh,
ihm schauten nur die Vögel zu,
keine Menschenseele, einsam er dort,
kein Dorf in Sicht, am fremden Ort.
Der Wanderer, seine Beine so schwer,
sein Durst brannte, sein Magen war leer,
sah die Sonne sinken, es wurde dunkel.
Doch dort in der Ferne, ein Gefunkel!
Das Meer spielte da mit Lichtesschein,
wog orangenes Silber, so musste es sein.
Vom Anblick, der Wanderer, gänzlich verzückt,
war eiligen Schrittes dem Meere näher gerückt.
Das Meer ertönte in zischendem Schall,
rauschte an den schwarzen Klippenwall.
Und schnell, der Wanderer, trat an den Strand,
Ergötzte sich an dem, was er fand:
Vor ihm lag die Eisvogelbucht.
Dem Wanderer war gelungen die Flucht
aus der Kälte der einbrechenden Nacht,
denn was hier war, hielt über ihn Wacht.
Am Himmelsdom aprikosenfarbene Federwolken
in hellem Farbentanz mit abendlichem Azur,
juwelengleich knisternde Wellenschaumkronen molken
den Schimmer aus der Sonne. Ach könnte er doch nur
ewig hier verharren.
3.4.14
vicevirtue am 03. April 14
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Dualismus Rankenschnitt
Die Freiheit peitscht mit ihren Ranken;
sie sind besetzt mit Klingen-
und es wird ihr sicher gelingen:
sie befreit aus dem Körper Gedanken.
Sie schlägt nach mir, bringt mich ins Wanken,
so höre ich die Klingen klingen,
wie sie mir durch's Fleische dringen,
sie befreit aus dem Körper Gedanken.
Nachdem ich nur noch stückig dortliege,
200 g Fleisch, 1 kg Fleisch; mehr Fleisch, weniger Fleisch,
Gedenke ich ihrer mit meinen Gedanken und danke ich ihr.
Dann schärfe ich ihre Klingen.
Ist es mir gelungen?
31.3.14
vicevirtue am 31. März 14
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Egoshow
In mir lebt ein Regisseur, der ganz und gar kein Drehbuch schrieb.
Manche Meisterwerke schuf er, doch nichts den Menschen in Erinnerung blieb.
Es war schlichtweg nicht von ihrem Geschmack:
Lächerliche Sinnloskomödien, an dessen Ende,
eine behaarte Melone explodiert und alles im Gelände,
mit sich in den Tod reißt.
Düstere Dunkelromanzen, an dessen Anfang,
eine Liebe zwischen Nekro- und Vitaephilie gelang,
und sie sich lieben während Leben und dem jüngsten Tag.
Widerliche Dokumentationen,
die sich mit Dingen beschäftigen,
die sich gar nicht zu wissen lohnen.
Jetzt hockt er dort, denkt nichts dabei und sitzt im eigenen Rampenlicht,
Er hat seinen Beruf verfehlt, die Liebe zum Schöpfen nahm ihm die Sicht.
Nun tanzen um ihn herum seine Rollen,
wollen nicht aufhören herumzutollen,
“Seid still jetzt! Ich warn' euch, sonst schreib' ich ein Stück,
was jedem von euch wirft in das 2-Zell-Stadium zurück!” ,
war es, was er verzweifelt rief,
während das Make-Up der Schauspieler verlief.
Er musste es sich eingestehen, der Clown seines eigenen Berufs,
er hatte die Rollen falsch besetzt,
und meine Wangen mit Tränen benetzt.
Ich starrte all diese Menschen an, sah ihre Pein,
jeder Artist wusste, er sollte nicht in dieser Rolle sein.
Sie neideten einander. Heißt es nicht, es komme zu Schauspielfamilien?
Hier kam es nie dazu.
Und manches Mal,
und auch nun,
lag sich der Regisseur schon zur Ruh,
wollte nicht mehr Herr über all seine Fehler sein,
wollte die letzte Szene geschnitten haben
und seine Augen nur noch am Abspann laben.
26./27.3.14
vicevirtue am 27. März 14
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Impression
Wogende Wellen wuchern wie Wüchse wildester Wirbel,
zerstäuben an splitternackten, gläsernen Brandungsfelsen.
Sonnen bewegen sich in Lichgeschwindigkeit am Himmel entlang,
Licht leuchtet lebendig, zieht Linien dort.
Meere versammeln sich, ballen sich, entzünden eine neue Welt,
zerstäuben sogleich in tausende Tränen, fliegen noch weiter,
weiter, weiter, weiter, weiter...
Sie werden im All eissplitterscharfes Kristall,
durchstoßen so manchen Planeten, verdampfen,
ihre freigesetzte Energie löst alle Verbindungen auf,
So nimmt die Emotion eines Liedes ihren Lauf.
26.3.13
vicevirtue am 26. März 14
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Ein leeres Blatt
Oh, sieh! Du hast es tatsächlich geschafft!
(Vermutlich aus Zufall)
Dieser Sieg sei dir zugedacht!
Was könnte man nur alles verstecken,
Alle Antworten auf alle Fragen verdecken,
Und doch direkt vor euren Augen stehend!
Es wird sich zeigen, ob ihr seid sehend.
Oh, Lyrik! Wie verehr' ich dich,
Legst samtige Stoffe um mich,
Bist das schönste Verschleierungsspiel,
Deines Garten Blüten
Blühen in meinem Stil.
16.03.14
vicevirtue am 16. März 14
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