Samstag, 3. Januar 2015
Knospe
Noch bist du knospenumhüllt.
Doch gieße ich eifrig,
umsorge dich fleißig,
dass du von Wasser erfüllt.

Noch bist du blattumschlungen.
Botanikschmökernd erkannte ich,
du würdest die schönste Blüte tragen,
von all den Blumen, die aus der Wiese ragen.
Noch ist mir die Aufzucht nicht gelungen.

Noch bist du hilflosklein.
Ich erfuhr, das Mittel, dich zu florieren,
war: mich von dir zu verlieren.
Dich einsam lassen, allein.

Noch bist du Knospenverschlossen.
Doch heut' noch öffnest du dich,
denn freudestrahlend opfere ich mich,
hab' auf deine Wurzeln Tränen vergossen.

Nun stehst du in Blüte, duftest von fern,
wahrscheinlich, denn ich bin fort.
Weiß nichts von der Blume, bin an anderem Ort.
Und doch wär' ich jetzt bei dir so gern.

2.1.15



Mittwoch, 24. Dezember 2014
Auf dem Weg
Ein Schatten ist es, oder Licht,
ein Blitz, der schneller als Schall mich trifft,
rückt mich hinweg, verrückt mich hinfort
seitdem steh ich weder hier noch an and'rem Ort.
Beweg' ich mich auf einem Grat,
der am Ende in Vulkansuppe gerät?
Oder auf einem Pfad, der nie zu Ende geht?
Es steht neben mir: Mein Ich. In der Hauptrolle:
Ich? Ganz sicherlich nicht.
Denn ich wandere weiter
und ich kann deren Leiter nicht weiter
spielen, an der sie sich in den Himmel ziehen
und greifen nach kalter Glut.
Doch Hoffnung zu sehen, tut gut.

24.12.14



Dienstag, 16. Dezember 2014
Rändlich
Was macht euch sprechen,
macht euch schreiben?
Was lässt euch in Wörter
Kleider kleiden?
Was macht euch glitzern,
macht euch funkeln?
Was lässt euch erlöschen,
was verdunkeln?
Lasst mich euch helfen,
zu verrücken,
und eure kleine Welt
zerstückeln.
Ich hab' gehört, Scherben, klein
sollen einfacher zusammensetzbar sein.
Nur wünschte ich, ich stünd' dazu nicht rändlich.
Denn von dort sieht man mich kaum, unkenntlich.

16.12.14



Samstag, 6. Dezember 2014
Präparat
Was haben wir denn dort gefangen?
Ein weit'res Objekt, ins Netz gegangen.
Mal sehen, ob es schön ist...
ist es, ja!
Ein weiterer Zugang meiner Sammlung.
Wunderbar.

Nehm' es auf, in mein Labor,
hebe es auf den Tisch empor.
Es zittert, zappelt, lebt noch viel.
Doch geübter Hand ich ziel'
mit Nadeln zur Präparierung,
zur Ruhmeshallen Neuverzierung
auf die Flügel, schillernd rot,
selbst wenn ich steche, ist's nicht tot.
Wie spannend und wie interessant.
In dir ist noch immer Lebens Brand.
Dann zücke ich ein Messer,
und ziel' diesmal noch besser,
um zu schau'n wo dein Herz dir liegt,
wie es pumpt, wie viel es wiegt,
wovon genährt, mit welchem Blut.
Ach, das Forschen tut so gut.
Noch immer stirbst du nicht hinfort,
selbst wenn ich schneid' an solchem Ort.
Weiter wächst daran die Neugier.
Schon bald stellt sich die Frage mir,
Wie viel kann ich dir noch antun,
bis du wirst zwischen Toten ruh'n?
Und doch besinn' ich mich alsbald.
Denn was wäre ein Präparat
zerstückelt mit Klingen, kalt,
entstellt und nicht das Leben wahrt
in Konservierung,
gleich einer Sterbendenrenouvierung.

Gütigen Blickes knüpf' ich die Schnitte
zu, wende mich ab, gehe einige Schritte
aus dem Labor, streife durch die Sammlung.
Mein Geist durchlebt eine Verwandlung.
Denn hier erblicke ich keine Gier,
keinen Wille nach Macht, denn hier
haust wahre Kunst, ein jedes Wesen
reizvoll prächtig. Gelesen
wurde in ihnen schon manches Mal.
Zwischen Fang und Aufbereitung; Qual
der Wahl.

Doch durch den Streifzug abgelenkt
merkt man nicht, dass das eben Präparierte,
sich aus seinen Fesseln herausgerenkt,
bis in die Sammlung fliegt, sich dorthin verirrte,
um wild schlagend, allen Ruhm zerstörend,
zerschmetternd, sich gegen mich verschwörend
mir gegenüberstellt.
Und mir den Spiegel vorhält.
Dort seh' ich nichts.
Nur Reflexion des Lichts.

6.12.14



Mittwoch, 19. November 2014
Schlafwandler
Es springt und wechselt, vor, zurück,
bringt dich zum Wanken,
macht dich zum Kranken
und doch bewegst du dich kein Stück.
Konstrukt im Hirn, Ideen schwirr'n
nur wo ist Realität?
Sie ist verloren! Zu spät!
Der Kopf nur am sirr'n, Träume zerklirr'n
erst wenn man sich Eisen ergibt.
Wenn man nur schlafend ist,
gänzlich zu Träumen vergisst
und nicht sich selbst genug liebt.
Doch was ist Traum, was ist wahr?
Was wird zerstäuben in weißen Sand,
was wird liegen, immer in der Hand?
Die Grenzen inmitten: niemals klar.
Zeitlebens zum Wandler verdammt,
der im Schlafe ziellos zieht.
Nur nicht geschlossen hält sein Lid,
dessen Blick für Träume; seit je entflammt.

18.11.14



Mittwoch, 22. Oktober 2014
Panthera
Rotflammend flackert Haar im Wind,
bist ein Panther, jagst geschwind.
Mit Raubtieraugen, stürmisch' Blick,
wen packst du, brichst ihm sein Genick?

Es birst aus dir das Leben schier,
ein Biest bist du, so scheint es mir.
Unbezähmbar, stürmisch, wild.
Und ich schau' zu, gestimmt ganz mild.

Doch was ist es, was ich dort merk'
du lächelst ja, welch' Teufelswerk.
Bist du auch friedlich schnurrend dann,
schenkst einen Blick mir dann und wann
mit Amber-Augen, so weiß ich doch,
es glüht dort tief das Raubtier noch.

21/22.10.14



Freitag, 10. Oktober 2014
Interstellar
Es sind zwei Sterne, glühend weiß,
die von der Ferne sich begehren.
Pulsierend funkeln sie so heiß,
wenn sie im Dunkeln sich verzehren
Vor der Einsamkeit des Raums,
wie auch der Zeit und eines Traum's:

Sie träumten sich als Sternenschnuppen
Sie räumten sich den Weg durch's All.
Auch wenn sie streiften Weltens Kuppen,
sie weiterbrausten ohne Hall.

Dann wären Sterne glühend heiß,
verzehrt von Ferne, angekommen.
Die Schwerkraft tanzten sie im Kreis,
bis sie sich in den Arm genommen.

Nur schmelzen werden sie nicht bald,
doch leidenschaftlich sterbensterben.
Des Traumes Urknall. Sie werden kalt,
wenn sie driften in Fernen, in Scherben.

Der Stern wacht, auch der and're weiß,
dass nur sacht fernvoll sich begehrend,
kosmisch glimmt die Liebe heiß.

10.10.14



Donnerstag, 18. September 2014
Kletterherab - Ort - Kletterherauf
Es gibt in mir, dort, einen Ort,
den niemand betreten darf.
Es ist ein ungesprochen Wort,
das diesen Schatten warf.

Im Schatten liegt dort eine Zeit,
die lang vergangen, dennoch wach,
die mir scheint unendlich weit,
und doch erzeugt sie lauten Krach.

Der Krach dort klingt für mich wie Klang,
wie dumpf versunken, ein Klavier.
Denn selbst die Klinge für mich sang,
durch den Krach wurd' ich zu mir.

In mir, es bleibt ein Ort so tief,
sturmerfüllt und blumenhaft,
den ich erneut ins Leben rief,
ich dacht' die Hürde wär' geschafft.

Doch Hürden sind hoch Leitern nur,
an dessen Ende Weite ragt.
Und spreche ich mir einen Schwur;
Des Kletterns bin ich nie verzagt.

18.9.14



Mittwoch, 17. September 2014
Geschmacklos
Nun zähl' ich weder Dinge auf,
die mich ärgern, widerlich sind,
entfliehe Lesers Erwartung,
ach was seid ihr blind,
für Wortspiele meiner Manier.
Denn geht es um die Gesellschaft nicht,
mal keine Kritik, es geht mir schier
um des Essens Geschmack und um dessen Verzicht.
Dieser wird mir vorgeschrieben
von Meister Nase, völlig verschlossen.
Was soll ich tun, nichts ist mir geblieben!
Und Kräutertee habe ich auch noch vergossen.
Zugegeben, dies ist ein geschmackloses Gedicht
doch wert war das Wortspiel, hat Spaß gemacht.
Es ist weder sehr geistreich, eine Pointe hat es nicht.
Jetzt putze ich meine Nase. Wenigstens habe ich etwas gelacht.

17. 9. 14



Mittwoch, 17. September 2014
Herzensrhein
Düster Wellen schlägt der Rhein,
ich frage mich, fiel ich hinein,
wenn ich mich einfach fallen ließ
würd' ich küssen Grundes Kies?

Schwarzes Wasser wogt wie Nacht,
die hüllend Samt Licht löschen macht,
es wirbelt nicht nur dort im Fluß.
Auch in mir. Ich fließen muss.

Drüben in des Kältes Flut,
Soll erlöschen all die Glut,
Will mich lösen, tropfenhaft,
im Gewässer, Quellensaft.

Dass ich einst so kräftig werd',
Wie mich Meister Rhein es lehrt,
zu schlucken all die Dunkelheit
die im Menschensherzen weilt.

16. 9. 14