Dienstag, 24. Mai 2016
Sturmreigen
Düster aufgezogen sind die Wolken,
wie auch die Saiten, die den Bass bespannen,
noch stimmst du nur, doch lässt mit dem Wind
rascheln, Blätter, zittern, Nadeltannen.
Die Alten Riesen tanzen schweren Walzer,
jung und keck dagegen Sprößlings Reigen.
Doch nimmer leise, nimmer schweigend,
immer ein Applaus aus Tausendlaub,
rauschend, und ich glaubte taub
sei der Staub der Welt geworden.
Jetzt prasselnd, plätschernd,
das grüne Dach zerstechend,
doch niemals schmerzhaft,
lieber scherzhaft, spielend
all den Tod und Durst wegspülend
kommt auch das Wasser nun.
Fällt und fließt, die Welt ergießt
ihr Leben bald im neugeboren Quell,
so spürt nackte Haut dies pochend Beben.
Und nach dem Sturm, blinkt der Feuerball hell.

23.5.16



Montag, 4. Januar 2016
Winterkind
Es bringt die Nacht den Schnee,
gebiert das kalte Kind mit frostig Lippen.
Das Haar ganz weiß, der Blick voll Weh.
Wippt auf dürrem Aste über Klippen,
spielt mit blank Gebein und liegt
im Tale einsam, allein.
Im klirrend Flüsterwind es sich wiegt.
„Winter“ sei genannt das Kind und sein
treuer Freund der Tod spricht lind:
„Feuer mag ich schenken dir.“
„Gib' es her, dies stürmisch Wesen, mir!“
Und im Flammengriff, geschwind
schmilzt die Hand, der Arm, bald auch das Herz,
dem kalten Kinde und himmelwärts
weint die Nacht weißes Wasserkristall,
was den Totentanz wirbelt im ziellos' Fall.

4.1.16



Dienstag, 10. November 2015
Puppenspiel in Nebelwacht
Erderfüllt und weiß verglimmt
ist die Welt und ganz verstimmt
erklingt der Ton.
Aus Ton erschaffen Menschelein
marschieren blank poliert.
Der Spieler den Faden verliert
und die Puppen tanzen von allein.
Wundbewegt und bluterweicht
ist der Grund und ganz erbleicht
ist das Gesicht.
Gesichtet dort das Lichtelein,
was von Ferne blinkt.
Im Nebel über Abgrund winkt
wird es von Qual befrei'n.

10.11.15



Mittwoch, 2. September 2015
Im Blutgewühle
Was ist dies nur für eine Last,
die so ganz den Kopf beschwert,
dass man liebet, dass man hasst,
wer hat uns diese Pein beschert?

Ewig halten möcht' ich dich,
doch im nächsten Takt sodann
möchte ich entfernen mich.
Und die böse Schuld daran

Trägt das Lied der Liebe, leicht.
Aber Blei ist es in mir.
Ich frage mich nun ob es reicht,
zu ertränken das Getier

In der Endlichkeiten Flut?
Doch schäumt noch Lust, trägt volle Wellen,
Braust noch Leben, wirbelt Wut,
rauscht vom Meer bis zu den Quellen.

Sollt' ich mich stumm ergeben ihr,
dem Gefühl, all der Gefühle?
Nur fällt es schwer, zu leben hier;
Seel befleckt- im Blutgewühle.

2.9.15



Die rote Jagd
Es weicht der Grimm, weicht der Zorn,
wenn von weit des Jägers Horn
zum Aufbruch ruft, zum Wechsellauf
zwischen uns, ich wart' darauf.

Der Zeiger hat vom Blatt geschält,
den Kummer und die Angst geschmält,
dich zu treffen mit der Kugel
Es singt mein Mund nicht Schrei doch Jubel.

Nun liegst du dort zu meinen Füßen,
Dein Herblut soll meine Sohlen küssen.
Nur noch es trennt das Messer den Schmaus
und sehnsuchtvoll schneid ich das Herz dir heraus.


2.9.15



Dienstag, 18. August 2015
Duett
Die Finger zupfen deine Saiten,
spielen dir ein Lied, was dich selbst verwundert,
das Solo wirst du bald begleiten.
Nicht einen Augenblick, nicht einen von Hundert,
lässt du mich je allein.
Nicht wenn du spielst, wenn du klingst,
nicht wenn du dein
Liebstes und dein Leben singst.

18.8.15



Samstag, 1. August 2015
Nachtperle
Der Mond, ach, scheint so klein,
Dort am Firmament.
Er scheint so weiß und rein.
Und ob er es erkennt?
Denn küsst er sie nicht mehr,
Die Reise nun beginnt,
Ist dann der Welten Herr,
Bevor sein Reich zerrinnt.
Am Seidenfaden fest,
Gleich einer einzig Perle
Er sich ziehen lässt
Durch die leuchtend Sterne.
Nur mitten in der Nacht
Hängst du dort verloren.
Warst grade aufgewacht,
Zum Sinken auserkoren.


1.8.15



Freitag, 24. Juli 2015
Blütenmeer II
Blütenblatt für Blütenblatt
blättere sanft ich um.
Ich lese gern darin und statt
sie auszureißen, kümmere ich mich nicht darum,
die Frühlings-, Sommer-, Herbstgewächse
zu säbeln, zu entlauben,
nur ihnen die Blumen zu rauben.
Vielmehr möchte ich sie schätzen
als Gast in meinem Garten.
Eine Farbenwiese, ein Gemälde aus Leben.
Und werde ich lang' genug warten,
wird sich mir dieser schönste Anblick geben;
Ein letztes Leuchten,
bevor ich selbst mich euch zu Füßen lege.


24.7.15



Dienstag, 30. Juni 2015
Kopfüber
Wohin bin ich bisher geschwommen,
ich frage mich, wo bin ich hier an Land gekommen?
Wo der Sand mich verschluckt
und im Innern ausspuckt,
wo ich grenzenlose Sicht hab'
ich denke, ich werde verrückt,
kein and'rer Mensch wär' je von dieser Ansicht verzückt;
vor mir hängende Schränke mit Bügeln darin
und tausend Geschenke, sie fliegen dahin,
eins fliegt in den Schrank, ein andres vorbei
es ergibt sich zum Dank, doch aus mir kommt ein Schrei.
Er zerfetzt jeden Flug, und die Linie zerstückt,
das Inn're verletzt, es geht nicht mehr zurück.
Nur das Seil, was mein Hirn mit der Erde verband
taumelt hin und her dort im kleinsten der Schränke.
Greif ich zu? Ja! Nein! Doch! Führ' mich aus diesem Land!
Mein Blick zuckt zurück; ich will eins der Geschenke.
Jetzt sind ihre Schleifen zu Schlingen geworden,
Geschenkpapierstreifen zu Klingen gebogen!
Zu spät, meine Finger fallen wie Würstchen
aus dem Würstchenglas.
Ich fürchte das
ist das Ende.

30.6.15



Freitag, 12. Juni 2015
Blühend Herbst
Wenn Wunderblumen blühen,
nicht nur Feuervögel glühen,
auch das Laub, was wispernd
in meinen Augen flüsternd,
kupfergrell und tausendschön,
soll'n Momente nie vergeh'n;
die Herbstes Jugend tragen,
dann will ich im Schatten steh'n.
Nur Licht wird sich nicht wagen.

11.6.15